Gedichte
Gedichte der RD-WD.
Mein Karaman
Friedrich Bolger
Hier saß als Kind ich oft im Grün
des Ufers ganz allein
und sah die Fluten rötlich glühn
im Abendsonnenschein.
Mein Karaman, mein Karaman!
Wo meine Wiege stand
und meiner Kindheit Traum zerrann,
beginnt mein Heimatland.
Die Weide steht im feuchten Sand
des Ufers wie zuvor
und streckt zum Gruß für mich die Hand
ins Blaue hoch empor.
Mein Karaman, mein Karaman!
Ich habe manche Nacht
auf meinem Weg nach Kasachstan
an dich zurückgedacht.
Dort kommt im Blütenschmuck daher
ein junges Erlenpaar
und rauscht und schüttelt blätterschwer
sein grüngelocktes Haar.
Mein Karaman, mein Karaman!
Wie lieb ich dich so sehr.
Ich bring vom Fuße des Tienschan
viel Grüße mit daher.
Mein Heimatort, wie gut du.'s meinst,
wie alles ringsum blüht.
Welch zarte Perlen du verweinst,
zu kühlen mein Gemüt.
Mein Karaman, mein Karaman!
Ich muß nun wieder gehn.
Ich bleib dir treu und zugetan,
bis wir uns wiedersehn.
*
1941
Neunzehnhunderteinundvierzig kamm das bitterböse Wort,
und wir Deutschen von der Wolga mußten nach Sibirien fort.
Alles mußten wir verlassen:Haus und Hof und Vieh und Land
Felder,Wälder und die Wolga,wo auch unsere Wiege stand.
Menschen weinten bei dem Abschied,
Menschen klagten stumm vor Schmerz.
Hunde heulten,Kühe brüllten,und mir blütete das Herz.
Der Ukas von Josef Stalin schwärzte unser Volkchen an.
Wachsoldaten,Haß im Herzen,brachte uns zur Eisenbahn.
In Sibirien angekommen,wurden wir sehr zerstreut,
das die Eltern ihre Kinder suchten müssen auch
noch Heut.
Vieles müßten wir vertauschen,denn uns plagten
Not und Leid,um sein Leben zu bewahren
gab man hin das letzte Kleid.
Kinder weinten und den Eltern tat im Leib,das Herz so weh,
Alle Männer Frauen,Mädchen müßten in die Trudarmee.
Die Baraken,wo wir wohnten waren ungezäumt vom Stacheldraht.
Jeden Tag,durch´´s Tor uns führend,zählte uns ein Wachsoldat.
Wieviel Menschen sind verhungert und gestorben im Ural?
Und erfroren,keiner weißt eswieviel sind es an der Zahl.
Trotz der Armut,ohne Eltern großgeworden ist manch Kind,
doch es weiß nicht,wo beerdigt seine Nächsten sind.
Autor unbekannt
Drei weiße Birken
1.Drei weißen Birken in meine Heimat stehen.
Drei weiße Birken,die möcht ich wieder sehen.
Denn,dort so weit von hier
in die grünen,grünen Heide.
Da war ich glücklich mit dir,
und das verges ich nie.
2. Drei weiße Birken in meine Heimat stehen.
Drei weiße Birken die möcht ich wieder sehen.
Ein Abschied muß nicht immer sein.
Ich träume noch von Glück.
Es grünen die Birken in Sonnenschein,
und sagen du kommst zurük.
3. Drei weißen Birken in meine Heimat stehen.
Drei weiße Birken,die möcht ich wieder sehen.
Denn dort so weit von hier in die
grünen,grünen Heide.
Da war ich glücklich mit dir
und das verges ich nie.
4. Drei weiße Birken,in meine Heimat stehen.
Drei weiße Birken,die möcht ich wieder sehen,
die möcht ich wieder sehen !
IV
Gedicht aus der Trudarmee.
Geschrieben in 1944, von Emilie Kufeld (14.4.21-9.8.2010) an ihren Ehemann Alexander Kufeld (I.8.18-10.8.2009)
1.
Ach, wie viele Trauerstunden hatte ich, mein Liebster hier.
Gott schenkte das ersehnte Wiedersehen,
lies aber nicht ab mit schweren Trübsalschlägen,
Die Zeiten vergingen, 8 Jahre waren es. - an der Plitt im Feuerschein.
2.
Oft saß ich in diesem Kahne,
weinte kränkend in den Schoss.
Wo sich bild'te noch ein Flüsschen,
und zu diesem Flusse floß.
3.
Glaubte, das die Tränen werden fliesen
vor die Augen dein.
Und du wirst mein Schmerz auch sehen,
und gedenken ewig mein.
4.
Nun wohlan, ich habe Hoffnung,
das wir uns auch wiedersehn.
Ach, dann wird's ein Leben geben,
glücklich und so wunderschön.
5.
Schön ist es ja nicht geschrieben a
ber herzlich gut gemeint.
Denn es war am Morgen frühe
Зиннер Петр Иванович (Sinner Peter)
D a h e i m
Im ärmsten Dörflein,am Wolgastrande.
Da steht ganz draußen,bei Dorfesrande.
Ein ärmlich Häuslein ganz schief und klein.
Mit grünen Läden geputzt und rein.
Und vorn im Gärtlein-o blaues Wunder-
Ganz voller Blüten,ist der Holunder.
Und vor dem Gärtchen,zur Dämmerstunde,
Sitzt auf der Torbank,die Pfeif im Munde
Ein altes Männlein gekrümmt,gebeugt.
Um ihm zur seite nach vorn geneigt,
Ein altes Weiblein gar emlich strickend
Und zu dem Worten des Greises nickend.
Gemächlich fließen die leise Reden,
Dem Feld von nöten.
Die kleine Enkel zu ihren Füßen,sie treiben
Feldbau verteilen Wiesen;
Sie sä`n und ernten und hegen Sorgen,
Ob auch die Kühe heut`gut geborgen.
Der Greis beschattet mit seiner Hand
Die scharfen Augen schaut weit ins Land.
„Es kommt ein Fremder daher gegangen
Ist wohl ein Städter hat ein Verlangen.
Denn längst schon ,merk ìch`sieht er uns zu.“
Jetzt kommt er näher..schau,Mutter du !“
Da blickt das Weiblein nach eine Seite
Legt weg das Strickzeug,erstrahlt von Freude.
Sie eilt dem Fremden behend entgegen,
Will um den Nacken die Hände ihm legen.
Mein lieber Junge !- Ja,bist du`s denn ?!-
Wie unerwartet! Und auch ,wie schön !“
Ist das`ne Freude ! Ein Wiedersehen.
Das alle Nachbarn bald rundum stehen.
Das schiefe Häuschen nebst magern Felder,
Ist meine Heimat;dies -meine Eltern.
Doch,auch,die Lieben,sie sind nich mehr.
Das alte Häuschen scheint mir nun leer.
Doch ist die Stätte mir lieb und wert;-
Das Land der Kindheit-Der Väter Herd !
Wann die Willgäns rückwärts fliege...
Von P. Sinner
Wann die Willgäns rückwärts fliege,
Hot dr Winter noch was vor, -
Sägt dr Vatter vor sich hiene,
Un er funnt sich vor ´em Tor.
´s is hait s erschtemol recht lieblich,
Un die Sunn maant´s g´fährlich gut.
Auch die Luft richt hait so g´wärzig,
Wie se frühjohrs riche tut.
Un e wunzig, wußlich Kerlche
Fraat sich aach uffs Frühjohr schun:
Singt und springt, un hupft un hickelt,
Lacht so hell, wie hait die Sunn.
- Gelte, Vatter, jetz werds Frühjohr?
Guckt, was hait dr Schnee schun taat!
Un die Krabbe uff dr Babbel
Kreische hell vor lauter Fraad.
Un die Taub trägt Hälmchin nuffer
Hinnern Lade, nei ins Nescht.
Aach die Starn sin allweil kumme,
Trutle schun uffs allerbescht.
Un des Ackervögglche drowwe
In dr Luft mächt : Trulili !
Un die Gickel ruffe luschtig
Druff un druff: Kiki-riki!
Do muß jetz doch ´s Frühjohr kumme...
Vatter, guckt do owwe hie!
Wille Gäns - de Himmel anne!...
Spaßig!... Wuhie fliege die?..
- Ja, ma Knecht, die fliege rückwärts;
Do derbei is werklich G´fohr:
Wann die Willgäns rückwärts fliege,
Hot dr Winter noch was vor. -
Uewwer Nacht is ´s werklich Winter:
Staa un Baa is alles g´frorn,
Kniestief Schnee, der Starm tut haile...
Vöggelchin, ehr seid all verlorn.
https://wolgadeutsche.net/korn/Sinner_und_Fiedler.pdf
Mein Heimatland
Dominik Hollmann
Wo der Kar’man leise plätschernd
um den sandigen Hügel biegt,
wo die alte Trauerweide
über ihm die Äste wiegt,
wo die breiten Ackerfelder
dampfen in dem Sonnenbrand,—
an der Wolga, an der Wolga
ist mein liebes Heimatland.
Wo beim ersten Sonnenstrahle
sich die Lerche trillernd schwingt,
wo des Dampfers schrilles Tuten
weitaus in die Steppe dringt,
wo mir jeder Stein und Hügel
ist von Jugend auf bekannt,—
an der Wolga, an der Wolga
ist mein trautes Heimatland.
Wo die Kirschen purpurn glühen,
reift der Äpfel goldne Last,
wo die saftigsten Arbusen
labten uns zur Mittagsrast,
wo wir deutschen Tabak bauten,
wie kein zweiter war bekannt,—
an der Wolga, an der Wolga
ist mein teures Heimatland.
Wo mein Herz der ersten Liebe
und der Freundschaft Macht erkannt,
wo bei gut und schlechten Zeiten
ich auf festen Füßen stand,
wo mein Vater arbeitsmüde
seine letzte Ruhe fand,—
an der Wolga, an der Wolga,
ist mein wahres Heimatland.
Verfaßt 1948 als Antwort auf Erlass den Sowjetregierung
"Ihr seid verbannt auf ewige Zeiten"
Veröffentlicht 1988
*
Wiegenlied einer wolgadeutschen Mutter
Dominik Hollmann
Schlaf mein Kind, mein lieber Knabe!
Dunkel ist die Nacht.
Nur der Mond am Wanderstabe
hält allein noch Wacht.
An dem schönen Wolgastrande
waren wir zuhaus.
Doch man trieb mit Schmach und Schande
uns von dort hinaus.
Malte uns ‘nen schwarzen Flecken
auf die freie Brust.
Mußten leiden Greul und Schrecken,
Kummer und Verdruß.
Jeden Sowjetdeutschen nennt man
Diversant, Spion...
Schlaf, mein kleiner deutscher Landsmann!
Schlaf, mein lieber Sohn!
Und auch du, in deiner Wiege
hast schon diesen Fleck,
denn trotz aller großer Siege,
niemand wischt ihn weg:
In dem großen Sowjetlande
jedem blüht sein Glück.
Du allein bleibst ein Verbannter,
denn zum heimatlichen Strande
darfst du nicht zurück.
Viele schöne Worte sagt man
einst auch dir, mein Sohn.
Doch solang den Fleck wir tragen,
ist es schnöder Hohn.
Schlaf mein Kind, beim Silberscheine,
bist noch klein und schwach,
weißt noch nicht, warum ich weine,
nichts von Haß und Schmach.
Wachse Kind! Straff deine Sehnen!
Sei kein stummer Knecht!
Denk an deiner Mutter Tränen
und verlang dein Recht!
Verfaßt Anfang 50-iger Jahre
Veröffentlicht Ende 80-iger Jahre
Über die Ereignisse jener Tage sagte der deutsche Dichter Konstantin Koppel folgendermaßen:
Mit den Zügen reckte sich das Unheil,
so wie die Weiten der Wolga.
Mit Kreuzen steckten wir unseren
leidvollen Weg nach Sibirien ab…
Die Züge zogen sich dahin
in die fernen Gefilde, die nicht unsere Heimat waren…
Unsere Lieder wurden zu Stöhnen
Und das Leben nur Qual und Sehnsucht
Wie lange haben wir geträumt:
Eine helle Zeit wird kommen
und dann wird die Wolga
mein gequältes Volk wiedersehen.
*
PS: Letzte Aktualisierung : 21.02.2025 **